Der Fragenkatalog | Isabella
Was bleibt – Fragen ohne Antworten
Warum wurde von Dr. Miller eine so risikoreiche OP überhaupt durchgeführt? Eine OP, die er nachweislich schon im November 1999 wegen zu hohem Risiko vorerst einmal abgelehnt hatte?
Zitat aus dem Erfahrungsbericht:
„Als ich ihm meine Krankengeschichte erzählte und ihn bat, mir ein verstellbares Magenband zu operieren, lehnte er ab. Ich war fassungslos, war er doch meine letzte Hoffnung. Er sagte mir, dass bei mir das Risiko viel zu hoch ist, noch mal in der Magengegend zu operieren, er müsse daher leider ablehnen. Außerdem wäre ich mit 93 kg nicht so dick, dass ich es nicht auf einem anderen Weg schaffen könnte abzunehmen.“
Bei dem jetzigen OP-Termin wog Isabella rund 80 kg. Also eine weit geringere Notwendigkeit, diese OP-Risiken als Arzt auf sich zu nehmen. Klar ist, dass seit der OP 2000 die Risiken ja noch einmal wesentlich gestiegen sind. Auch wenn die Chirurgie in den letzten Jahren weitere Fortschritte gemacht haben sollte, ist doch klar, dass die durch die vorherigen Operationen entstandenen starken Verwachsungen bei Isabella vorhanden waren/sind.
Auszug aus der Webseite Klinikum Augsburg:
Wann sollte „offen", also nicht mit Bauchspiegelung operiert werden?
Gründe sind zum Beispiel:
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vorausgegangene Operationen, die zu starken Verwachsungen im Bauchraum geführt haben
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Schwierigkeiten, die wichtigen Organe ausreichend sehen zu können
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Blutungen oder andere Komplikationen während der Operationen
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Die Entscheidung zum offenen Verfahren wird also vor oder während der Operation getroffen und dient ausschließlich der Sicherheit des Patienten!
Daher – meine Fragen
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Warum wurde gleich das ganze Magenband getauscht?
Wie mir auf der Intensivstation von den Ärzten erklärt wurde, musste bei Isabella aufgrund von Abszessbildungen im Bereich des neuen Ports (Flüssigkeitsreservoir) dieser operativ wieder entfernt werden. Die Erklärung der Ärzte auf meine Frage, ob das Band dadurch zerstört worden sei, lautete, dass man den Port nachträglich wieder mit einer kleinen OP einsetzen und so das Band wieder funktionsfähig machen könnte. Wenn dem so ist, wäre dies ein möglicher Weg gewesen, das Band so zu reparieren. Bei einem Fehlschlag wäre dann noch immer die große OP als Option zur Verfügung gestanden.
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Warum wurde die OP bei den sichtbaren Schwierigkeiten nicht vorzeitig abgebrochen?
Wenn schon die OP begonnen hat und hier bereits bei der Setzung der Einstichkanäle Probleme auftraten, hätte man abbrechen sollen. Spätestens aber als das Ausmaß der Vernarbungen, die lt. Frau Jäger enorm gewesen sein sollen, erkennbar wurden, hätte die OP eingestellt werden müssen. Wie mir durch die Ärzte der Intensivstation erklärt wurde, kann es sein, dass Darmschlingen aneinander bzw. an Verwachsungen „ankleben“. Um aber an das Magenband zu kommen, muss man an diesen Verschlingungen vorbei. Und hier musste so zu sagen von ganz unten nach ganz oben zum Magenanfang durchgearbeitet werden. Bei einer vom Operateur herbeigeführten Freilegung der Darmschlingen durch Trennung kann es zu Abtragungen an den Darmwänden kommen. Die Darmwand wird dünner bzw. kann perforiert werden und dann jederzeit reißen (Aussage eines Arztes auf der Intensivstation).
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Warum wurde die Nachsorge nicht intensiviert?
Die OP hat wie vorher beschrieben zwei Stunden, zwanzig Minuten gedauert. Außerdem war dies keine normale OP, sondern eine sehr schwierige und belastende für die Patientin, sie hätte daher auf keinen Fall auf die Normalstation, sondern unbedingt vorsorglich auf die örtliche Intensivstation verlegt werden müssen. Hier hätte das Genesungsverhalten bzw. dessen Probleme wesentlich schneller, effizienter entdeckt und behandelt werden können.
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Warum sollte ein Dünndarm von selbst einreißen?
Isabella hatte in den fast zehn Jahren, die sie mit ihrem zweiten Magenband lebte, keinerlei Darmprobleme die befürchten ließen, dass der Darm reißen könnte. Der prognostizierte Zeitpunkt des Dünndarmrisses ist wie oben beschrieben angeblich gegen drei Uhr früh eingetreten und hätte hier eine schwere Sepsis verursacht. Wenn dies so war, dann war der Dünndarm bei der OP verletzt worden und dies wurde nicht bemerkt. Dass eine Kontaminierung des Bauchraumes um drei Uhr früh so schnell zu einer so schweren Sepsis führen kann, dass die Patientin siebeneinhalb Stunden später auf dem OP-Tisch durch einen septischen Schock einen Herzstillstand erleidet, wobei noch zu beachten gilt, dass der Darm seit Montag praktisch leer war, darf bezweifelt werden. Vielmehr wird es so gewesen sein, dass der Dünndarm verletzt, dieses nicht bemerkt wurde und die Sepsis bereits sofort nach der OP schleichend einsetzte. Erstens erklärt das wesentlich eher die großen Schmerzen, die Fiebrigkeit und die flache Atmung und zweitens stimmt hier dann der zeitmäßige Verlauf der Vergiftung, an dessen Ende die äußerst schwere Vergiftung stand.
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Warum wurde die Not-OP nicht sofort eingeleitet?
Auch im Krankenhaus war bekannt, dass Isabella ziemlich „leidensfähig“ ist/war. Es ist daher unverständlich, dass der Stationsarzt bei der Vielzahl schon vorher geäußerten Schmerzen diese nicht ernst genommen hat. Er hätte daher unverzüglich sämtliche Vorkehrungen zur Einleitung der in solchen Fällen üblichen Notfallabläufe einleiten müssen. Durch dieses Versäumnis sind wahrscheinlich fünf wertvolle Stunden „verschlafen“ worden.
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Warum erlitt die Patientin bei einer Not-OP, die als Prophylaxe gedacht war, einen Herzstillstand?
Wie sich zum Teil aus den vorherigen Fragestellungen bzw. Sachverhaltsdarstellungen ergibt, wurde die wirkliche Ursache entweder nicht in seiner Tragweite erkannt oder wurde bagatellisiert. Die von Dr. Miller mir gegenüber geäußerte vorsorgliche OP um den Bauchraum von möglichen Bakterien zu spülen, erwies sich in Wirklichkeit als ein viel zu spät gesetzter Schritt.
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Warum wurde ein eingetretener Herzstillstand 10 Minuten lange nicht in den Griff bekommen?
Mir als medizinischem Laien ist es völlig unverständlich, dass es bei den anscheinend schon öfter vorgekommenen Narkoseunfällen (Aussage eines Arztes der Intensivstation) es nicht anders möglich sein soll, einen so kollabierten Patienten nur durch händische Herzmassage und Beatmung mit einer Ballonmaske zu behandeln. Wenn aber die Gefahren bekannt sind und die Medizin weiß, dass nach drei Minuten das Gehirn schon irreversible Schäden davon trägt, wieso wird dann nicht schon bei der OP-Ausstattung darauf Rücksicht genommen? Denn damit kommen wir zur Frage:
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Warum mussten die Notfallwagen erst von der Schleuse in den OP geholt werden?
Wie mir erklärt wurde, setzt sich ein Anästhesie-Team bei der Vorbereitung zur Anästhesie zumeist aus etwa drei Personen zusammen, die „Verkabelung“ legen. Wenn also, wie von mir beobachtet, zwei Leute aus dem OP um Notfallwagen laufen, aus dem Lift noch ein Notfallwagen antransportiert wurde – wie viele Leute haben sich dann um die Reanimation gekümmert bzw. waren das auch ausreichend viele.
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Was musste durch das Holen der Notfallwägen überhaupt herangeschafft werden?
Alles was sich auf/in einem Notfallwagen befindet, hat auch in ausreichender Menge/Anzahl im OP vorhanden zu sein.
Fazit:
Kein Arzt der Welt darf alles tun, worum ihn der Patient bittet oder gar anbettelt! Diese OP hätte nie stattfinden dürfen und bei gewissenhaftem Studium der Patientenvorgeschichte (starke Vernarbungen des gesamten Bauchraumes durch die verschiedenen offenen und laparoskopisch durchgeführten Voroperationen) hätte auch kein anderer Arzt diese OP durchgeführt! Sie war unnötig, nicht zu verantworten, leichtfertig gehandhabt und hinterlässt einen vorher völlig gesunden 49-jährigen Menschen als menschliches Wrack, der bis zu seinem Lebensende ein Pflegefall sein wird.
Anhand des gesamten Verlaufes ist zu erkennen, dass:
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hier unnötige Risiken eingegangen wurden – 15 kg können auch anders abgenommen werden,
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die nötige Aufmerksamkeit und Sorgfaltspflicht (wahrscheinlich aus der täglichen Routine heraus – mehr als 300 solcher OPs im Jahr 2008) vernachlässigt wurde – unterlassene vorsorgliche Verlegung auf die Intensivstation,
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die Klagen der Patientin über die großen Schmerzen missinterpretiert und auf die außergewöhnlich lange OP-Zeit zurückgeführt wurden und somit die bereits einsetzende Sepsis nicht erkannt wurde.
Mit diesem Eingriff wurde eine gesamte kleine Familie zerstört und in ein menschliches aber auch finanzielles Desaster gestürzt. Ich fordere daher als provisorisch eingesetzter Sachwalter für Isabella die lebenslange Übernahme, sämtliche Kosten für Pflege oder allfälliger Kosten, die sich durch diesen Schadensfall ergeben sowie ein adäquates Schmerzensgeld. Weiters fordere ich als 25-jähriger Lebensgefährte in gemeinsamen Haushalt für mich und den Sohn von Isabella ebenfalls ein adäquates Schmerzensgeld und den kostenmäßigen Ersatz sämtlicher im Zusammenhang stehender zusätzlichen Aufwendungen.
Salzburg, im Oktober 2009 und 2010
Norbert Kattinger
Lebensgefährte
Nachsatz:
Zwischenzeitlich steht durch ein ausführliches Gutachten des Univ.-Prof. Prim. Dr. Wolfgang Feil, (dessen Website), fest, dass bei der OP eine Darmläsion erfolgte und die in weiterer Folge zu den oben beschriebenen Ereignissen geführt hat.
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