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Isabellas Todesumstände:

Medizinische Versorgung während des Heimaufenthaltes

Isa­bel­la kam im Mai 2010 als nicht mehr the­ra­pier­bar in das Herz-Jesu-Heim in die Hüb­ner­gas­se 5. Ich habe dort das Ein­zel­zim­mer so umge­baut, dass ich neben der Pfle­ge dort auch am Com­pu­ter arbei­ten konn­te.

Isa­bel­la absol­vier­te wäh­rend die­ser Zeit mehrere Klinikaufenthalte, die sich im Wesentlichen eigent­li­ch nur auf das Aus­wech­seln der Ernäh­rungs­son­den bezog, die durch die Nase bis in den Dünn­darm geführt wer­den muss­ten und endo­sko­pi­sch erfolg­ten.

 

Der 1. August 2010 –
Der oder das Abszess

Es war Sonntagmittag, bemerk­te ich wäh­rend der Pfle­ge, dass sich bei Isa­bel­la eine rie­si­ge Beu­le im lin­ken Bauch­be­reich gebil­det hat­te. Ich ver­an­lass­te sofort die Ein­lie­fe­rung ins SALK. Man stell­te fest, dass sich ein riesiger Abszess im Bauch­raum gebil­det hat­te. Der Abszess war unbe­merkt im Bauch­raum über Mona­te gewach­sen und dann geplatzt. Das Eiter­se­kret floss in zwei Bauch­schich­ten und ver­ur­sach­ten dort die­se Beu­le.

Da die Situa­ti­on sehr ern­st war, wur­de noch um Mit­ter­nacht ope­riert. Wei­ters wur­de fest­ge­stellt, dass der Aus­lö­ser die­ses Abszes­ses, das ers­te, in die Magen­wand ein­ge­wach­se­ne Magen­band war. Die Magen­wand war hier anschei­nend so undicht gewor­den, dass Bak­te­ri­en in den Bauch­be­reich kom­men konn­ten und dort zu die­sem rie­si­gen Abszess geführt haben.

Solan­ge die­ses ers­te, seit Jah­ren vor­han­de­ne Magen­band (das vom dor­ti­gen Arzt sinn­ge­mäß als eine ticken­de Zeit­bom­be bezeich­net wur­de), nicht ent­fernt wür­de, käme es immer wie­der zur Abszess­bil­dung. Es wur­de daher drin­gend die Ent­fer­nung die­ses Fremd­kör­pers emp­foh­len. Mög­li­ch wäre dies nur durch einen endo­sko­pi­schen Ein­griff durch die Spei­se­röh­re. Bei Nicht­ent­fer­nung wür­de sich der Abszess lang­sam durch die Magen­wand arbei­ten, plat­zen und mög­li­cher­wei­se zu einer wei­te­ren schwe­ren Sep­sis führen, an der Isa­bel­la qual­voll ver­sterben wür­de.

 

Der August –
Stent setzen

Um die­ses Magen­band aus der Magen­wand zu lösen, wur­de in meh­re­ren endo­sko­pi­schen Ein­grif­fen ein Stent zwi­schen die Magen­in­nen­wand und dem Magen­band ein­ge­führt. Der Druck auf die Magen­wand soll­te bewir­ken, dass sich das Magen­band bes­ser aus der Magen­wand her­aus­lö­sen lie­ße.

 

Der 28. September 2010 –
Der Tag der Operation

Ich, als Sachwalter, hat­te die Wahl zwi­schen „Pest und Cho­le­ra“ und ent­schied mich für die OP. Bei die­ser ver­such­te der Arzt das in der Magen­wand ste­cken­de ers­te Magen­band (das drit­te am 15.09.2009 ein­ge­setz­te Magen­band hat­te sie auch noch um den Magen) mit einem Draht zu durch­schnei­den. Dazu fädel­te er die­sen Draht um das Magen­band her­um. Die­se Schlin­ge soll­te mit­tels Spe­zi­al­werk­zeug das Magen­band durch­tren­nen. Nach drei Stun­den mus­s­te die OP abge­bro­chen wer­den, weil der Draht gebrochen/​gerissen war. In der Nacht erlitt Isa­bel­la einen Blut­sturz und kam auf die Inten­siv­sta­ti­on. Es wur­de fest­ge­stellt, dass bei der OP eine Haupt­ar­te­rie der Magen­wand ver­letzt wor­den war und die­se blu­te­te.

 

Die nächsten drei Tage –
Versuch die Blutungen zu stoppen

Isa­bel­la wur­de wie­der­um durch die Nase, ein Schlauch mit einem Bal­lon in den Magen ein­ge­führt. Der Bal­lon wur­de auf­ge­bla­sen und soll­te durch Druck auf die Wun­de, die­se ver­an­las­sen sich zu ver­schlie­ßen. Lei­der waren die Bemü­hun­gen erfolg­los. Jeden Tag wur­de der Druck ver­rin­gert und nach­ge­se­hen, ob die Wun­de nicht mehr blu­te­te – bedauerlicherweise war dies nicht der Fall. Zwi­schen­zeit­li­ch wur­de durch den Druck auf die Magen­schleim­häu­te die­se so geschä­digt, dass nun der gesam­te Magen­in­nen­be­reich blu­te­te, Blut auch aus der halb ver­heil­ten Abszess­wun­de aus­trat und wahr­schein­li­ch auch in den Bauch­raum floss.

 

Der 2. Oktober 2010 –
keine Rettung mehr

Ein Kri­sen­ge­spräch mit den Ärz­ten am Samstagvormittag ergab, dass es für Isa­bel­la kei­ne Ret­tung mehr gab. Die mehr theo­re­ti­sche als wirk­li­che Mög­lich­keit einer offe­nen OP, mit Ent­fer­nung des gesam­ten Magen­be­rei­ches und dem Annä­hen des Dünn­dar­mes an die Spei­se­röh­re, hät­te auf jeden Fall den sichern Tod auf dem OP-Tisch zur Fol­ge gehabt. Ich habe daher die Zustim­mung im Ein­klang mit dem Ärz­te­team zu die­ser OP ver­wei­gert und gebe­ten, Isa­bel­la und mir, ein Zim­mer zum Ster­ben zur Ver­fü­gung zu stel­len.

Isa­bel­la und ich erhiel­ten das Quarantäne-Zimmer und ich durf­te die gesam­te Zeit bei ihr blei­ben. Sogar Fami­lie und Freun­de konn­ten sich per­sön­li­ch noch von Isa­bel­la ver­ab­schie­den.

 

Der 3. Oktober 2010 –
Todeszeitpunkt 13:36 Uhr

Isa­bel­las Ster­ben dau­er­te von Samstagmittag bis Sonn­tag und war das schmerz­volls­te Erleb­nis in mei­nem gan­zen Leben – und doch möch­te ich die­se Erfah­rung um nichts in der Welt mis­sen!

 

Danksagung

Ich dan­ke den Ärz­ten der Intensivstation, der Chir­ur­gie und deren Team der für ihre huma­ne Art und ein­fühl­sa­me Beglei­tung bei Isa­bel­las letz­ten Stun­den. Aus­drück­li­ch dan­ke ich auch Frau Dr. Regi­ne Stoll-Etten­au­er, unse­rer Haus­ärz­tin für per­sön­li­chen Ein­satz wäh­rend der Wach­ko­ma­pha­se von Isa­bel­la.

Salz­burg, im Okto­ber 2010

Nor­bert Kat­tin­ger
Lebens­ge­fähr­te



Wei­ter zu: Offener Brief

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